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Kurzkrimi: Eine einfache Fahrt (2)

"Was ist?", fragt der Kerl neben mir. Ich fahre einfach irgendwohin, biege hier und dort ab, eine Sightseeingtour.
"Uns fährt ein Wagen nach, ein roter Opel."
"Quatsch, das ist nur Zufall, das hat nichts zu sagen."
Seine Stimme scheint ein wenig zu zittern.
"Ich weiß nicht, er ist schon ziemlich lange hinter uns."
"Mach dich nicht verrückt, es ist nichts. He, du."
Er wendet sich zu mir.
"Fahr aus der Stadt raus, und leg mal 'nen Zahn zu."
"Ich darf nur fünfzig fahren in der Stadt."
"Was du darfst und was nicht, das bestimmt mein kleiner Freund hier, kapiert?"
Er hebt die Pistole und grinst wieder.
"Okay, okay, aus der Stadt raus und schneller, ich hab's verstanden."
"Dann ist es ja gut."
Ich biege ab und fahre schneller. Der Kunde ist König, und bewaffnete Kunden erst recht. Der Professor meldet sich zu Wort.
"Bitte, ich..."
"Schnauze!"
Er sackt zusammen und wird noch blasser. Hoffentlich kippt er nicht aus den Latschen. Herz oder so. Das ist keine gute Reklame.
Wir fahren schnell, die Reifen singen auf dem nassen Asphalt. Wir sind bald aus der Stadt heraus.
"Er ist immer noch hinter uns."
"Verdammt. Fahr noch schneller."
Ich drücke noch ein wenig auf die Tube. Zum Glück ist wenig los auf der Straße.
"Scheiße, die Bullen!"
Der Kerl im Fond schreit fast. Der rote Opel, der uns folgt, hat jetzt ein Blaulicht auf dem Dach und holt auf. Die Sirene kreischt durch den Regen.
"Los, schneller. Häng sie ab!"
Der neben mir schreit jetzt auch und starrt nach hinten. Der Professor ist nur noch Dekoration. Der rote Wagen ist jetzt direkt hinter uns. Wir sind aus der Stadt raus und jagen auf der Landstraße dahin.
"Versuche, in die Reifen zu schießen."
Der im Fond kurbelt sie Scheibe runter und lehnt sich raus. Er schießt. Die Polizei schießt zurück.
Ich fahre jetzt etwas langsamer, die Straße ist regennaß und ich bin lieber vorsichtig. Vielleicht merkt es niemand.
"Was machen wir jetzt?"
Der Mann im Fond hat aufgehört zu schießen. Er wirkt aufgeregt. Verständlich, wenn einem die Kugeln um die Ohren pfeifen.
"Schieß weiter, verdammt, halt sie auf.
Er lehnt sich wieder raus und schießt wieder. Die Polizei schießt wieder zurück. Es macht "klick".
"Verdammt, ich habe keine Patronen mehr."
Inzwischen fahre ich recht langsam. Der rote Wagen hat seinen Abstand zu uns auch etwas vergrößert. Jetzt kann ich es riskieren.
Ich mache eine Vollbremsung. Der Professor und der Mann neben ihm schleudern gegen die Vordersitze. Hoffentlich nicht zu sehr, aber ich habe ja Extra-Polster angebracht. Der Kerl neben mir knallt gegen die Frontscheibe, aber er hat immer noch die Waffe.
"Du Ratte, dafür wird ich dich..."
Aber er kommt nicht weiter. Ich habe seinen Arm gegriffen und schlage seine Hand gegen das Armaturenbrett. Er läßt die Pistole los, sie fällt auf den Boden. Wir bücken und beide danach, aber ich bin schneller. Genau berechneter Bewegungsablauf. Berechnet und trainiert. Nichts dem Zufall überlassen. Jetzt habe ich die Pistole. Der Professor sitzt zusammengesunken in der Wagenecke und rollt mit den Augen.
Der rote Wagen steht mittlerweile quer vor uns. Die Türen werden aufgerissen und zwei Männer mit gezogenen Waffen kommen auf uns zu.
"Polizei! Kommen Sie langsam aus dem Wagen, die Hände hinter dem Kopf. Dalli!": Wir steigen aus, das heißt nur die zwei Lederjacken und ich. Um den Professor kümmert sich niemand.
Ich gebe die Waffe ab, rede kurz mit den Leuten, Anweisungen. Die eigentliche Besprechung kommt später. Die zwei Lederjacken sind im roten Auto verschwunden, die Polizisten ebenso. Der rote Wagen fährt los. Wir sind wieder allein, der Professor und ich. Mein Fahrgast hat wieder etwas Farbe bekommen und er zittert nicht mehr.

"Nach Hause?"
"Ja, bitte."
Wir fahren wieder in die Stadt. Langsam und gemütlich. Der Regen hat tatsächlich aufgehört und zwischen den Wolken zeigt sich die Sonne. Glitzernde Tropfen auf der Windschutzscheibe. Es wird wohl doch noch ein schöner Tag werden.
Wir sind da. Lindenallee 7. Der Professor wirkt entspannt, er lächelt sogar.
"Das war großartig, wirklich großartig. Ein einzigartiges Erlebnis. Ich werde Sie weiter empfehlen."
"Danke. Es war mir ein Vergnügen."
Er reicht mit das Fahrgeld. 500 Euro. Je 50 Euro an die "Polizisten" und je 75 Euro an die Lederjacken. Bleiben mir 250 Euro. Ein guter Tag.
"Auf Wiedersehen, Herr Professor, und einen schönen Tag noch."
"Auf Wiedersehen."
Da geht er hin, um ein aufregendes Erlebnis reicher. Morgen wird er wieder in alten Bücher schnüffeln oder einen Artikel über Karl den Großen schreiben oder was ein Historiker sonst so macht. Aber er hat etwas erlebt. Einmal im Leben.
Wie ich schon sagte, mein Beruf macht mir Spaß. Ich möchte wirklich nichts anderes tun als Taxi fahren. Und heute komme ich auch gut über die Runden.
Man muß sich eben nur etwas einfallen lassen!

(c) Bernd Walf

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